Goal II – Living the
Dream
Eine Fortsetzung, die da weitermacht, wo der erste Teil
aufgehört hat. Und etwas länger ist.
Der erste Goal-Film
endete offen, um schonmal das Sequel anzukündigen. Weder ist klar, ob der Held
mit seiner Love-Interest, einer englischen Krankenschwester (Fetisch?),
zusammenkommt, noch hat er den großen
Erfolg im Sport gehabt – die bloße Qualifikation für die Champions League ist
doch äußerst unbefriedigend für einen Spieler wie Santi. Wir wollen doch sehen,
wie er Weltfußballer wird! Also muss es jetzt mit seiner Karriere vorangehen.
Nachdem in Teil 1 bereits viele Cameo-Auftritte bekannter
Premier-League-Stars zu überzeugen wussten, könnte man annehmen, dass die
Fortsetzung, die bereits auf dem Poster viel Real Madrid verspricht und mit
Jaume Collet-Serra über einen doch recht talentierten Regisseur verfügt, etwas
interessanter sein dürfte. Jetzt wechselt Santi zu Real Madrid und macht dem in
der Zwischenzeit dorthin gewechselten Gavino Konkurrenz. Klar – abgehalfterte Spieler von Newcastle
waren 2006 rum genau Real Madrids Beuteschema. Dabei bringt der Wechsel auch
Probleme mit sich: Seine Freundin möchte viel lieber in einem Haus in England
wohnen bleiben, das sich das verliebte Pärchen erst neu gekauft hat. Dann lernt
Santi auch noch eine ihn anbaggernde TV-Moderatorin kennen. In einer nie
gezeigten Szene hat Iker Casillas ihn vielleicht gewarnt, dass Journalisten als
Freundin tückisch sein könnten.
Doch damit nicht genug an Konflikten: Bereits Teil 1 war
recht kitschig geraten. Der größte Brüller darunter war mit Sicherheit eine
tatsächlich stattfindende Szene, in der seine liebe alte Großmutter ihm eine
Kette mit Anhänger umhängt! Kann Teil 2 da was draufsetzen? Zumindest der
Versuch ist da. So springt ihm ein Kind vors Auto, das sich als sein Bruder
vorstellt; später trifft Santi seine verschollene Mutter wieder.
Natürlich müssen seine privaten und sportlichen Probleme
ineinandergreifen, was eine recht vorhersehbare Handlungsdynamik mit sich
bringt. Denn fußballerisch ist der Spieler Santi natürlich beispiellos. Wieder
gibt es einiges an Fußballszenen, auch diesmal spielen die Verteidiger (selbst
im Champions-League-Finale) nicht auf Profi-Niveau. In der Regel laufen die Spiele schließlich so
ab: Santi sitzt auf der Bank, es läuft schlecht. Dann wechselt der Coach Santi
ein und die Mannschaft gewinnt. Startet Santi aber von Anfang an, bringt er
i.d.R. Probleme mit sich. Vor seinem ersten Spiel für Newcastles B-Elf zerstörte
ihm in Teil 1 ein sadistischer Kollege das Spray, Santi wird nach einem
schwachen Auftritt ausgewechselt und gefeuert. Im zweiten Teil korreliert sein
Startelfdebut für Real Madrid mit persönlichen Problemen, weswegen er komplett
von der Rolle ist und sehr bald für eine „Notbremse“ (im Mittelfeld) eine rote
Karte sieht.
Einerseits will der Film Santi in einen Teufelskreis bringen,
ist andererseits dabei aber zu unentschlossen. Die Probleme des ersten Films,
die vorhersehbare Story, die banalen Konflikte, die platten Figuren, die keine
Identifikationsmöglichkeiten bieten, treffen nun auf eine um 20 Minuten
verlängerte Laufzeit. Dramaturgisch gestrafft wird gar nichts, die ins epische
gehende Erzählweise tut ihr übriges. Etwa 40 Minuten im Film gibt es eine
Szenenfolge, in der alle Probleme des Films besonders anschaulich zur Geltung
kommen:
Gavino gibt nach einem schlechten Spiel zu, ein schlechter
Spieler zu sein. Santi fragt später den Trainer, wann er denn von Anfang an
spielen dürfe. Dann eine mit Popmusik unterlegte Trainingssession, bei der
Santi sich hervorragend präsentiert und sich auch jemand aus der Klubführung Einsätze
für Santi wünscht. Die wird er auch gleich bekommen, nur muss vorher noch sein
kleiner ihm zuvor unbekannter Bruder vors Auto laufen und ihm ein Foto seiner
Mutter geben, damit Santi abgelenkt ist. Schließlich ist er als Fußballer so
perfekt, dass eigenes Versagen niemals seine eigene Schuld sein darf; nein, da
müssen schon externe Dinge kommen, um ihn aus dem Takt zu bringen.
Die ganze Sequenz klingt doch eigentlich ganz flüssig? Ich
gebe zu, ich habe verheimlicht, dass vor der Trainingsszene noch eine folgte,
in der Santis vorm Krankenhaus im Regen heulende Freundin Ross angerufen wird.
Santi will ihr euphorisch mitteilen, dass er sich einen weißen Lamborghini
gekauft hat, erfährt dann aber, als traurige Musik einsetzt, dass ein alter Mann,
der Gavino „scheiße“ findet und Santis Karriere von dessen Anfängen an aus dem
Krankenhaus mitverfolgt hat, gestorben sei. Ähnlich diffus entwickelt sich die
Geschichte durchgängig. Anschlüsse an die vorherige oder folgende Szene finden
inhaltlich nicht statt, obschon der Popsong, mit dem die Sequenz unterlegt ist,
anderes suggeriert.
Auch die Nebenhandlung um Gavino ist wieder die an sich
interessantere, die Ausgestaltung bleibt aber platt und stereotyp. Sie
konkurrieren nun um den Startelfplatz. Gavino zeigt keine Leistungen und spielt
trotzdem; der Druck auf den Coach, Santi spielen zu lassen, wächst. Als es
soweit ist, hat dieser gerade den Kopf woanders. Schließlich verletzt er sich
beim Spielen mit Gavino in der Garage, darf über Weihnachten nicht zu seiner
Freundin fliegen und muss sich lange rehabilitieren. Seine Freundin vermutet,
er kommt nicht heim, weil er sie hintergeht. Gavino sieht seine Chance,
trainiert härter, schießt wieder Tore, aber sobald Santi wieder fit ist,
verlässt ihn sein Glück. Santi bittet den Trainer, Gavino im CL-Finale gegen
Arsenal spielen zu lassen, wo dieser dann gleich mal einen Elfmeter verschuldet
und Real auf dem Weg zu La Décima in Bedrängnis bringt – gemeinsam und mit
einem Beckham-Freistoß schaffen die Freunde es aber, sich den Titel zu sichern.
Doch diese narrativen und dramaturgischen Probleme nimmt der
Film in Kauf. Auch meine Kritik, dass Gavinos Perspektive die interessantere
wäre und er ruhig etwas abgründiger sein dürfte, zielt daneben. Eine
Geschichte, die sich ein Zehnjähriger ausdenken könnte – und genau das soll sie
sein: Ein Fußballtraum eines jeden kleinen Kickers, der im Sinne der
Happy-End-Konvention hier in Erfüllung geht. Kritisiere ich jetzt, dass Santi
als Projektionsfläche für diese Wünsche unzureichend ist, können die Filme auf
ihre durchaus hohen Bewertungen auf der IMDb verweisen.
Am Ende des Films passiert dann aber etwas seltsames, als
ein Beckham-Freistoß Real den Titel sichert. Hier wandelt sich der Film etwas,
da nun nicht Santi zum Helden wird, sondern jemand anderes, eine Randfigur
dieses Films (wobei natürlich Beckham als Star eine größere Bedeutung in der
afilmischen Welt hat, als in der Diegese). Dabei präsentierte ja auch Teil 1
Santi als guten Freistoßschützen. Eigentlich wollten wir doch alle sehen, wie
der Protagonist sich und seinem Team zum Erfolg verhilft, und nicht jemand
anders. Wenn dieser Fehler hier nur ein kleiner Moment ist, wird er im dritten
Teil das grundsätzliche Problem werden.
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Jean
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