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Sonntag, 18. Februar 2024

Der Männer Träume sind der Frauen Leid

 

Ugetsu


Zu  Beginn eines Bürgerkriegs versucht ein Töpfer, ein Vermögen zu erwirtschaften, und zieht mit seinem Assistenten los, der Samurai werden will – ein Klassiker von Meisterregisseur Kenji Mizoguchi. Die Szene, in der der Töpfer seine Frau und sein Kind zurücklässt, ist klar die Übertretung einer Schwelle. Gerade in einer Kriegssituation schwant den Zuschauern da schon nichts Gutes.

Die allgegenwärtige Gefahr, der die Figuren ausgesetzt sind, wird in der ersten halben Stunde permanent spürbar gemacht. Es gibt eine Szene, in der sie auf einem See auf ein fremdes Boot treffen, auf dem ein Mann im Sterben liegt, der von Piraten angegriffen wurde und um Wasser bittet. Die Szene wurde in abgewandelter Form von Regisseur und Connaisseur des japanischen Kinos Sergio Leone in leicht abgewandelter Form in The Good, the Bad and the Ugly übernommen.

Später kommt das Duo in die Stadt, wo der Töpfer eine reiche adligen Frau trifft. Die Szene wurde gut vorbereitet. In der Aufnahme davor  dreht sich zunächst noch eine andere Frau auf dem Markt nach ihm um, was die Zuschauer bemerken, obwohl sie nur eine Komparsin ist; vermutlich durch Frontalität.

Wie die Figuren immer wieder alles aufgeben, ihr Haus, ihren Besitz, gibt der Geschichte Fortschritt und erhöht die Fallhöhe. Man bekommt das Gefühl, dass es keine Sicherheit gibt, kein „Netz“, das sie auffangen könnte.

Das Übertreten von Schwellen wird stets ausgiebig nach seiner dramatischen Bedeutung vor- und nachbereitet.

Typisch für Mizoguchi werden Long Shots und Kamerabewegungen genutzt, es wird aber auch mehr geschnitten; Frau Oyu war dahingehend homogener.

Mizoguchi bedient sich auch wieder melodramatischer Elemente. Diese sind aber effektiv. Die Parallelmontagen, in denen der Töpfer sich mit der adligen Frau vergnügt, nachdem die Frau seines Assistenten von einer Gruppe Krieger vergewaltigt und mit dem Hinterherwerfen von Geld gedemütigt wurde, gefolgt von einem Schnitt zur zurückgelassenen Frau des Töpfers, die sich mit ihrem Kind versteckt und dadurch gerade so noch einer Plünderung entkommt, vermutlich gefolgt von einem ähnlichen Schicksal, ist sehr wirkungsvoll.

Der Assistent des Töpfers erflunkert sich schließlich seinen Status und wird Samurai, während seine Frau sich zu seinem Unwissen prostituiert. Der Töpfer erfüllt sich all seine Träume und schwelgt im Reichtum und Luxus, während seine Familie unter dem Bürgerkrieg leidet, doch verliert er alles, als er sich von der Adligen abwendet, auf die er sich eingelassen hat. So kann er nach seiner Rückkehr nach Hause eine zweite Chance bekommen. Wie die Vermutung, ja das Wissen seiner Ehefrau in einem Close-Up nach seiner Rückkehr offenbart wird, als sie sich eine Träne wegwischt, während ihr Mann heult und seine Fehler bereut, ist ebenfalls sehr wirkungsvoll. Die Wendung, die seine Frau betrifft, ist bezüglich der Wendung um die Adlige angebracht.

Auch Assistent Tobei kehrt mit seiner Frau zurück, nachdem er seien Rüstung abgelegt und ins (reinigende) Wasser geworfen hat, und beide Männer, zurück in ihrer Heimat, arbeiten hart.

Ein pessimistischer Film gegenüber Träumen und Aspirationen.

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JH 

PS: Es sind einige spannende neue Blog-Beiträge geplant. Sie zu schreiben, wird etwas Zeit beanspruchen. Deswegen wird es ca. 1 Woche dauern, bis der nächste Artikel erscheint.

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