The Purple Rose of
Cairo
Willkommen in der
diegetischen Realität
Was passiert, wenn die Grenze zwischen zwei in der Realität
unvereinbar getrennten Welten überschritten werden kann? Dieses Szenario spielt
Filmemacher Woody Allen lange vor Midnight
in Paris bereits in The Purple
Rose of Cairo durch.
In den USA während der Great Depression ist junge Frau unglücklich verheiratet und verbringt ihre Zeit, wenn sie nicht gerade Gelegenheitsjobs nachgeht, im Kino. An einem unglücklichen Tag schaut sie den titelgebenden Film in der Dauerschleife, bis eine charmante Figur aus der Diegese sie persönlich anspricht und daraufhin die diegetische Filmwelt verlässt. Der übrige Cast reagiert überrascht und verliert seine Orientierung.
In den USA während der Great Depression ist junge Frau unglücklich verheiratet und verbringt ihre Zeit, wenn sie nicht gerade Gelegenheitsjobs nachgeht, im Kino. An einem unglücklichen Tag schaut sie den titelgebenden Film in der Dauerschleife, bis eine charmante Figur aus der Diegese sie persönlich anspricht und daraufhin die diegetische Filmwelt verlässt. Der übrige Cast reagiert überrascht und verliert seine Orientierung.
Woody Allen macht hier keinen psychoanalytischen Film. Das Ereignis entpuppt sich nicht als Traum.
Wozu auch? Hier versteht er wie kein anderer, die Möglichkeiten der Fiktion für
dieses Szenario zu nutzen und ermöglicht sich so auch, die Folgen dieses Bruchs
zwischen der filmischen Diegese in der
filmischen Diegese mit ihrer Realität mit viel Komik zu würzen. Die Szenen
im Kino, wo der Film nach dem Ausbruch Tom Baxters (Jeff Daniels) weiterläuft
und die anderen Figuren untätig herumsitzen und zunehmend gereizter aufeinander
reagieren, werden immer wieder zwischen die Szenen des Haupthandlungsstrangs
eingestreut, in dem Protagonist(-in) Cecilia (Mia Farrow) Tom die Realität zeigt – und den charmanten
Schauspieler Gil Shepherd kennen lernt, der Tom verkörpert. Um diese
Dreiecksbeziehung wird sich der Film schließlich auch drehen, ab und zu
tangiert vom zuvor deutlich präsenteren Monk (nein, nicht der Monk; hier Danny Aiello), Cecilias Ehemann, eine negativ
gezeichnete Figur, aber kein gänzlicher
Unsympath (hierfür müsste er bei W. Allen schon ein pedantischer
Pseudointellektueller sein).
Hier zeigt W. Allen übrigens auch seine inszenatorische
Klasse. Er weiß nicht nur, interessante
Geschichten zu erzählen, sondern erzählt diese auch auf eine interessante
Art. Hier stechen die Szenen in der kleinen
Wohnung, wo Monk und Cecilia leben, heraus. Während ihrer Streitigkeiten
schwenkt die Kamera entweder zwischen zwei Räumen hin und her, oder bleibt gar
in einem Raum. Sich davon zu lösen, den
Figuren zu folgen und in Gänze über sie zu erzählen, hat hier außerdem den
positiven Effekt, dass dabei auch Cecilias Lebensraum inszeniert wird: Eine
Realität, aus der man nur allzu gern in filmische Diegesen fliehen möchte und
sich träumerische Charmeure als Liebhaber wünscht. Der Idealist Tom ist zwar fiktional in dieser
Fiktion und kennt die Welt, in die er hier geworfen wird, auch nur durch ihre
Ähnlichkeiten zu seiner filmischen Welt, doch er behält seinen Idealismus
darüber. Der Höhepunkt dieser Charakterisierung sind die Szenen mit (einer)
Prostituierten, in denen W. Allen nie dem Klamauk verfällt. Wahrscheinlich ist
der Film im Bordell auf dem Höhepunkt (höhö).
Probleme am Ende
Über weite Strecken funktioniert der locker erzählte Film
hervorragend, doch bekommt ausgerechnet gegen Ende Probleme. Cecilias finale
Entscheidung ist enttäuschend. Woher kommt ihre Motivation für diese?
Ausnahmsweise ist dies hier wichtig, da ein solcher Moment ordentlich
vormotiviert sein muss. Da die Entscheidung aber durch die Handlung statt durch
die Charaktere motiviert wirkt, überrascht The
Purple Rose of Cairo hier mit einem dramaturgischen Problem.
Warum ist das Problem dramaturgischer Art? Weil der
Entschluss nicht in ‚logisch nachvollziehbar‘ ist, nicht kausal aus der
Handlung oder Diskussionen der Szene folgt. Es gibt zwar Indizien, woher diese
Entscheidung kommen könnte, doch diese hätte es auch in die andere Richtung
geben können.
Das Problem erinnert an die abrupte Entscheidung des
Protagonisten in Midnight in Paris,
als er dort die diegetische Realität der unerreichbaren Wunsch-Welt vorzieht
und begründet, dass die Gegenwartswelt jener der 1920er-Jahre überlegen ist
bzw. er sie als seinen „Wohnort“ favorisiert. Hier kommt sein Argument gegen
Ende ebenfalls plötzlich; das Szenario ist hier zu Ende durchgespielt.
Fazit
Der Filmzeigt eine schöne schwarzweiße Film- und
sepiafarbene Realitätswelt im Jahr 1935, mit trockenem Humor, einer
episodenhaften Erzählweise; die verbindenden Szenen zwischen jenen des
Haupthandlungsstrangs sind mit Allens Humor gewürzt. Die kurze Laufzeit ist
kein Problem. Zusätzliche Szenen hätten das dramaturgische Problem auflösen
können, doch dies hätte auch in den gegebenen geschehen können. Das Leben ist
nicht so perfekt wie die filmische Diegese. Es ist enttäuschend wie eine dramaturgische
Lücke. Die Illusionen und die Schauspieler lassen uns aber träumen. Vielleicht kann man so ja einige seiner
Ideale erhalten.
Bilder: http://www.denofgeek.us/sites/denofgeekus/files/styles/article_width/public/2/25/purple_rose_ending.png,
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https://vinnieh.files.wordpress.com/2016/03/cecilia-and-tom-the-purple-rose-of-cairo.png
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JAH
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