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Dienstag, 11. April 2017

Kurz angeschnitten: Fokalisierung



Bisher wurde immer bloß das Wort erwähnt. Falls jemand sich fragt, was es heißt, und zu faul zum Googlen ist, darf er sich jetzt genüsslich zurücklehnen und lesen. Was meint JA bloß immer, wenn er von Fokalisierung spricht?
Der Begriff geht auf Gérard Genette zurück. In „Die Erzählung“ beschreibt er die F. als Aufteilung von Wissensständen zwischen Figuren untereinander und zwischen Figuren und Zuschauern.
Da Filmtheorie mit etwas Spaßigem wie Film aber auch etwas Sprödem wie Theorie zu tun hat, kann logisches Denken ganz nützlich sein. Es wird also unterschieden:

  • Interne Fokalisierung: Man weiß, was Figur XY weiß.
  • Externe Fokalisierung: Man weiß nicht, was Figur XY weiß.
  • Nullfokalisierung: Zwischen verschiedenen Wissensständen von Figuren wird hin- und hergewechselt.
  • Multiple Fokalisierung: Ein Ereignis wird aus versch. Perspektiven gezeigt.

Wenn man nicht mag, kann man gern darauf verzichten, sich weiter damit zu beschäftigen und einfach sagen: „Jeder Film, den ich kenne, ist ja dann nullfokalisiert.“ Bestimmt. Zumindest, wenn man nur narrative Filme schaut. Interne oder externe Fokalisierung über einen ganzen Film hinweg kommen selten zum Einsatz. Wem aber nicht reicht, bei jedem Kinobesuch eine Nullf. festzustellen, wird auffallen:

  • Bestimmte Figuren können extern, andere intern fokalisiert werden.
  • Die Fokalisierung von Figuren kann von Szene zu Szene variieren.
  • Ist nicht jede Exposition eine Bewältigung einer externen Fokalisierung?

Zu letzterem: Ja, am Anfang eines jeden Films ist es zwangsläufig der Fall, dass man die Figuren noch nicht kennt. D.h. jeder Film fokalisiert selbst die Identifikationsfiguren (den Fokalisator) anfangs extern. Das verlangt/fordert Kreativität bei der Exposition.
Wozu F. nützlich ist, ist naheliegend genug, dass es mir reicht, es kurz anzuschneiden. In vielen Dramen liegt der Konflikt in einer Wissensungleichheit, am Ende steht die Aufdeckung einer Wahrheit. Das ist nichts anderes als? Fokalisierung. Missverständnisse mit hoher dramatischer Wirkungskraft sind auch was? Fokalisierung. Nachvollziehbare Beweggründe für falsche Annahmen. Außerdem kann durch F. das Verhältnis von Figuren zueinander ausgestaltet werden, wobei die unwissende Person meist den Kürzeren zieht. Connerys Bond ist ein gutes Beispiel für eine dominante, extern fokalisierte Figur.

Hier verweise ich auf einen Online-Artikel, der die Fokalisierung bereits schön erklärt und noch ein bisschen Narratologie anschneidet. David Bordwell („DB“) hat der Narration im Film ein eigenes Buch gewidmet, da kann ich gar nicht erst versuchen, mit einem paarseitigen Blogpost mitzuhalten.

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JAH 

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