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Mittwoch, 10. Mai 2017

Ein Monster, wie man es zuvor noch nie gesehen hat



Shin Godzilla
Eeeek!
Ein Boot treibt auf dem Meer und wird von der Küstenwache entdeckt. Eine Besatzung ist nicht an Bord, nur einige Gegenstände, durch die es wirkt, als sei jemand abrupt von Bord gegangen. Andere Szene: In einem Unterseetunnel strömt plötzlich blutrotes Wasser durch Risse und verursacht bei den Autofahrern den Schock ihres Lebens – zumindest bis dahin. Bevor die Politik weiß, wie sie reagieren soll, entwickelt sich die Geschichte weiter und die Gefahr läuft aus dem Ruder…

Die japanische Produktion Shin Godzilla, die hierzulande nur eine halbe Woche im Kino gezeigt wurde, konnte ich dank eines Bekannten, der Freikarten gewonnen hat, ohne jegliches Vorwissen oder Erwartungen schauen. Das war eine gute Ausgangslage, denn der Film war skurril.

Narrativ ist der Film von Beginn an anstrengend, insb. im ersten der drei Akte. Sein Dialogfokus ergibt dabei durchaus Sinn und unterstützt die Geschichte. Glücklicherweise lief die größtenteils lippensynchrone deutsche Fassung, ansonsten wäre es eher ein Leseabend im Kino geworden.
Während dieses ersten Aktes fällt auch auf, dass irgendwas komisch an dem Film ist, was sich dann entlädt, wenn nach ca. 30‘ das titelgebende Monster erstmals gezeigt wird. Die Reaktion der Zuschauer auf den hier vermutlich angestrebten Effekt wird auch für den restlichen Verlauf ein positives Gefühl gegenüber dem Film nach sich ziehen, allerdings verschuldet es auch eine schwächere Wirkung der ernsteren Szenen des dramaturgisch starken 3-Akters, da der Film seine Balance verliert. Spoiler: Seine Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit.

Stärker im Gedächtnis bleiben werden von diesem Film vermutlich zwei Dinge: 

  • Zum Einen die Idee, die der Film für Godzilla hat. Sie ist originell und vollzieht jene Entwicklung mit, bzw. bestimmt sie erst, die den Ton des Films wandeln wird. Im Grunde bezieht der Film einige seiner Stärken aus den Verweisen auf die Katastrophe von Fukushima, womit er sich traditionell an den Klassiker von 1954 anknüpft, der auch durch starke Bezüge zur zeitnahen Nuklearkatastrophe von Hiroshima und Nagasaki aufweist. Hier entwickelt Godzilla sich quasi zur fleischgewordenen Nuklearwaffe, bzw. indirekt zu einer tickenden Nuklearzeitbombe.
  • Und Zweitens, wie satirisch bissig der Film daherkommt, was bereits besonders stark im Set-Up in Akt I, der das komplette Versagen des bürokratischen Apparats zeigt, als ein Meeting auf das nächste Meeting folgt, wobei diese Meetings eher wie ein Ritual statt lösungsorientiert ablaufen, gezeigt wird. Der Spott gegen lahme Bürokraten, die nur labern, statt zu handeln, wird im Premierminister mit seiner fast schon zur Catchphrase werdenden Phrase: „Ich verstehe“, die man zuweilen doch stark anzweifeln muss, personifiziert. Um ihn herum sind Personen verschiedener Zugehörigkeiten, durch deren politischen Einfluss persönliche Machtinteressen über das Schicksal der japanischen Bevölkerung entscheiden.

Hoffentlich inspiriert Shin Godzilla, ohne zur Schablone zu werden, da er selbst in vielen Dingen unrund ist. Seine sprudelnde Originalität, angefangen beim putzig-trashigen Look des Monsters beim ersten Auftritt und seiner grauenvoll zerstörerischen Gewalt im späteren Verlauf, ist des Films größtes Plus.  Auch sein erfrischend unamerikanisches Schnittsystem fällt auf. Das größte Minus hingegen ist wohl die fehlende Balance zwischen absurdem Humor und ernsten Stellen mit dramatischer Wirkung; und, ja, die Amerikanerin nervt. Vielleicht soll die comichaft stereotype Rolle ja die Skurrilität des Films verstärken.


Im Kino läuft Shin Godzilla nicht mehr. Wer sich selbst einen Gefallen tun kann/will, sollte zusehen, dass er/sie/es den Film auf der Nippon Connection zu sehen bekommt.


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JAH

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