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Freitag, 16. September 2016

Gangsteralltag von unten



GoodFellas



Eine so gelungene Aufnahme, dass sie von E.S. Porter kopiert wurde.


Der Mafiafilm GoodFellas (Regie M. Scorsese, der über Jahre hinweg mainstreamtauglichste Regisseur der New Hollywood-Filmer) ist episodisch erzählt und spielt in einem Zeitraum von etwa dreißig Jahren. Über das Szenenbild wird genauso wie durch zeitgenössische Musik ein abstrakter Eindruck, ein Bild der jeweiligen Kultur vermittelt.  Die Szenen sind lose verknüpft, über ihr Ende geht höchstens ein Musikstück oder ein Voice-Over hinaus, während Handlungsstränge meistens nicht konkret fortgesetzt werden.

Es wird eine Parallelgesellschaft portraitiert, in der die glamourösen Figuren nur am Rande erscheinen und Nicht-Mafiosi, die Assoziierten wie Henry, im Vordergrund stehen. Anders als in Der Pate etwa geht es um die unteren Ränge in der Familienhierarchie. Die Problemstellungen der Figuren unterscheiden sich gänzlich von denen der Mächtigen, was so weit geht, dass die Assoziierten ohne besonderen Stärken, die ihr Ansehen emporheben, auch mal ihre Bekannten und Vorgesetzten um Geld anpumpen müssen – und dann eine in ihren Augen viel zu niedrige Summe erhalten. So verwundert es nicht, wenn die Loyalität dieser Figuren eher recht niedrig ist.

P. Sorvino übernahm sogar eine Rolle im Disney-Remake.


Zur glamourösen Mafia gehört Paulie Cicero. Entgegen seines recht hohen Ranges – Paulie ist Capo – und seiner Einführung, die zeigt, wie wichtig die Figur für ihr Umfeld ist – ist seine Rolle klein und beschränkt sich auf wenige Szenen. Vielmehr steht das Trio aus Henry-Jimmy-Tommy im Vordergrund. Durch Henry wird Zugang zur dargestellten Gesellschaft hergestellt; er wird auf seinem Weg begleitet und kommentiert die Situation jeweils immer wieder über Voice-Overs.
Diese Zugangsrolle stellt Balance her, sodass sich R. de Niro und J. Pesci in ihren Rollen entfalten können. Jimmy ist ein allseits anerkannter Killer, während der cholerische und hitzköpfige Tommy wegen seiner italienischen Wurzeln als einziger die theoretische Möglichkeit hat, in die Familie aufzusteigen und ein echter Mafioso zu werden.
Warum so viel zu den Figuren? Weil sie für den Film interessanter sind als die Geschäfte und Unternehmungen der Mafiafamilie. Es passt zur epischen Dramaturgie, dass an einer Stelle die Perspektive wechselt und man nun Karen im Voice-Over hört, wie sie ihre Gedanken zu Henry mitteilt, oder wie sie es kommentiert, wenn sie Stück für Stück Zugang zu Henry und seiner Welt bekommt. Es wird somit intern fokalisiert, aber nicht immer gibt Henry den Zugang.
GoodFellas ist also ein Film, der den Mythos der ehrenwerten Gesellschaft dekonstruiert, episch erzählt, Fokalisierungswechsel vornimmt und die Einzelfiguren einer Handlung überordnet, die Konstellation ausbalanciert und so ein Bild einer Parallelgesellschaft zeichnet, in der der Amerikanische Traum an seine Grenzen stößt.


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