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Montag, 6. Februar 2017

Abstrakte Narration: Ein Versuch



Traurige Zauberer
 
19.11.2016, Staatstheater Mainz

2 Frauen: Eine in einem Käfig, die andere nicht.

Vor einiger Zeit lief in Mainz das Stück Traurige Zauberer, mit dem Untertitel „Eine stumme Komödie mit Musik“. Regie führte Thom Luz. Ein Review war bei Khan’s Pets auch zu finden. Nur war das so schlecht, dass mein Stolz nicht zulässt, es weiterhin hier auf der Seite zu lassen. Statt dessen soll dieser Text versuchen, den Versuch des Stückes zu ergründen.
Bereits damals war mir immerhin aufgefallen, dass es doch eine Diskrepanz zwischen Bühnengeschehen und der Beschreibung gab: „Auf der Hinterbühne eines Provinztheaters warten zwei Magier auf ihren vorerst letzten Auftritt.“ Ach? Man könne das Geschehen so interpretieren, muss man aber nicht, war mein Kommentar hierzu.
Allerdings sollte man Thom Luz nicht unterschätzen. In der Theaterszene kommt man leicht in Versuchung, kryptische Handlungen über einen Kamm zu scheren. Hier kann man gerade wegen der engen Verknüpfung des Regisseurs mit der Musik davon ausgehen, dass dies mit einer bestimmten Idee und Absicht geschah.

Liest man weiter, trifft man auf der Internetpräsenz auf die Bezeichnung des Stücks als hnenexperiment. Es ist gut möglich, dass Luz hier mit der Abstraktion von Narration experimentiert: Denn genau so geht es im narrativen Medium Musik zu. Die Narration ist auf einem abstrakten Niveau, das Luz hier auch für das Bühnenspiel auszuprobieren scheint.

Entschlüsselt man den Untertitel gänzlich, weben sich die Worte der Darsteller mit der Musik und den Geräuschen der Tonbänder zu einem Klangteppich, der selbst Musik ist; das Ergebnis dessen, was ein Tonband den Abend über aufzeichnen würde, ist die Musik: So ist diese Komödie stumm, wie ein Stummfilm, der mit Musik (und ggf. Toneffekten) unterlegt wird.
Im Rahmen dieser Handlungsidee passt auch der Theaterraum des Abends, der Albtraum eines Künstlers, der uns Grünschnäbel erschlägt.

Der Abend bietet ein respektables Narrations-Abstraktions-Experiment, aus dem Luz sicher seine Schlüsse ziehen wird. Gespannt darf man sein, als wie erfolgreich/misslungen er den Versuch ansehen wird.

Im letzten Drittel verliert sich die Aufführung allerdings, hätte sie doch verdient, es zu schaffen, in ihrem unwahrscheinlich langsamen Rhythmus nie Langeweile aufkommen zu lassen, und wird diffuser. Zieht sich die Zeit für die Personen in der Diegese, braucht sich doch nicht auch die „theatrophane Zeit“ (angelehnt an Souriau) zu strecken.

JAH

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