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Mittwoch, 15. März 2017

Ein paar Videos und etwas Text zu Loriot



Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot


Humor ist Handwerk. Visuelle Gags sind das A und O. Und es gibt jemanden, der weiß, wie er Ton und Bild gleichzeitig für Gags nutzen kann.
Schauen wir uns also die Zimmerverwüstung an:



Anfangs waren beide extern fokalisiert, wie eigentlich immer am Anfang eines Films zwangsläufig extern fokalisiert werden muss. Dann wissen wir, was wir wissen müssen. Beachten wir nun die Exposition, alias Narration durch Montage:


Am besten, man schaut sich diese Sekunden erneut an. Wie funktioniert Charakterisierung? Wie viele Seiten Dialog, wie viele Seiten Hintergrundinformation braucht man dafür? Ich wage zu bezweifeln, ob Loriot hier überhaupt mit einem Drehbuch im klassischen Sinne gearbeitet hat. Diese Art von Charakterisierung funktioniert dabei nicht nur für humoristische Filme  - ein klassischer Kuleshov.
Dramaturgisch ist es dafür sehr fein, wie sich das Ausmaß der Verwüstung bis zum Ende steigert, parallel zur Musik, die den Mann (Loriot) als Torero begleitet, und dem Krach, der den Effekt unterstützt. Dann kommt endlich die Dame von der Anfangsszene zurück und ruft ihn herein. „Das Bild hängt schief“, weist dieser sie auf das Problem hin. Von ihr kommt kein: „Was ist denn hier passiert?“, o.ä.


Es gibt übrigens ein Kurzfilm, wo man vielleicht klarer über humoristische Fokalisierung sprechen kann. Es gibt auch Möglichkeiten, Gags zu produzieren, für die ein Drehbuch-Dialog nützlich ist. Hier ist Die Nudel:


Nullfokalisierung. Wir wissen, was sie sieht, und wir wissen, was er weiß, und was nicht. Die Worte würden ihre Bedeutung verlieren und leer stehen bleiben, würden sie nicht zum Humor beitragen.  Wie würde der Gag funktionieren, wenn man ihn nicht sähe, sondern nur ihre Reaktion? Er wäre intern (sein Unverständnis zu ihren Reaktionen = unser Unverständnis zu ihren Reaktionen), sie extern (Warum reagiert sie so? Wegen seiner Worte?) fokalisiert. Der Effekt der überraschenden Auflösung wäre kürzer als der des komischen Suspense. Nur ihn zu zeigen, würde ebenfalls nicht funktionieren, da es ihre Reaktionen braucht.  Loriots Fokalisierung ist genau richtig.


Der nächste Sketch ist v.a. dialogisch, unterstützt vom Visuellen. Er funktioniert nicht mehr ganz so gut: Lottogewinn



Vor allem dialogbasierte Sketche funktionieren dabei auch: Die Politesse



Einen schönen Kontrast von Dialogtext und -form mit dem Bild und der pikanten Situation erzeugt Loriot auch hier, indem er die banalen Telekolleg-Situationen und absurden Gespräche inklusive überdeutlicher Aussprache verballhornt.


Das war jetzt viel Video. Manchen war es bestimmt auch zu viel Text, man soll ja nicht alles totreden etc... nicht?


 
Vicco von Bülow alias Loriot bei IMDb: http://www.imdb.com/name/nm0902086/

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JAH

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