In den sechziger Jahren befand sich die
US-amerikanische Filmindustrie in einer Phase des Umbruchs. Sie war gezwungen,
auf die Veränderungen in dieser Zeit zu reagieren. Hierzu wurde u.a. in den
Filmen der Einsatz visueller Reize verstärkt. Die Reaktionen auf die
wirtschaftliche Situation waren somit auch künstlerischer Art.
In Korrelation dazu nahm die Macht
der Filmkontrollbehörde ab, wodurch im klassischen Hollywood noch tabuisierte
Themen in populäre Filme einzogen. Da sich die Filmkontrolle vor allem gegen Sex
und Gewalt in Filmen richtete, wurde beides in der Folgezeit zunehmend direkter
dargestellt. Resonanzstarke Filme, die sich in dieser Entstehungssituation als
Produkte ihrer Zeit zeigen, waren die auch mit ihren Markenzeichen Sex und Gewalt
populär gewordenen James-Bond-Filme, die zu den international erfolgreichsten
britischen Filmen des Jahrzehnts gehörten.
Passenderweise bietet der
erfolgreichste, Thunderball, ein interessantes Beispiel für die
Darstellung von Sex und Gewalt in dieser Situation: Durch die zu den USA unterschiedliche
Arbeit der Filmkontrollbehörde im Vereinigten Königreich war für britische
Produktionen ein offenerer Umgang mit
Themen und Motiven möglich, die in Hollywood, ggf. zumindest teilweise, noch
problematisch waren, da die dortige Filmkontrolle durchaus noch aktiv
arbeitete. Daher wird in diesem zweiteiligen Artikel analysiert werden, wie Thunderball Sex und Gewalt vor dem Hintergrund
seiner Produktionsbedingungen darstellt, denn das Interesse gilt auch dem
Verhältnis, d.h. dem Ineinandergreifen und den Spannungen, von diesen und der Ästhetik
der Filme.
Bei der Gestaltung seiner Gewalt- und
Sexszenen bewegt sich der Film im Spannungsfeld zwischen konventionsgemäßer und
offensiver Darstellung, mit der er auf der Welle der Zeit sein, aber zugleich
ein etwaiges Einschreiten der Filmkontrolle antizipieren kann. Thunderball
hält sich bei seiner Darstellung an die Konventionen, geht dabei aber unkonventionell
vor. Dadurch, dass der Film von Filmtheoretikern und -historikern bislang kaum
betrachtet oder aber nur im Zusammenhang mit seinem finanziellen Erfolg als
britischer Film mit dem höchsten Einspielergebnis der Sechziger erwähnt worden
ist, wird zusätzlich das Problem einer repetitiven Forschung vermieden, bei der
kanonisierte Filme immer wieder unter denselben Gesichtspunkten untersucht
werden, wegen derer sie kanonisiert wurden.